Bereits vor etwa einem Jahr kündigte Walterpeter Twer, Verleger der Rhein-Zeitung, an, er ziehe den Kauf eines Grundstücks an der Saarstraße in Betracht, mit dem Ziel, ein neues Studentenwohnheim zu errichten. Neben Appartements sei noch ein „kleines Nahversorgungsangebot im Erdgeschoss“ sowie eine „Paul Parey“-Medienwerkstatt geplant, erklärt Marco Herzmann, Projektbeauftragter Twers. In letzterer könnten auch Studierende arbeiten: Der Paul Parey-Verlag habe immer Bedarf an studentischen Aushilfen, sagt Herzmann, und man wolle „den Zugang über das Wohnheim nutzen“, um die jungen Menschen zu erreichen. Dieses Projekt scheint nun jedoch zu scheitern, da es von der Stadt abgelehnt werde. Twers Bedingung für den Kauf ist die Änderung des sogenannten G 112 Bebauungsplanes, den die Stadt für die Fläche vorgesehen hat. Dieser erlaubt ausschließlich den Bau von tertiären Gewerbegebäuden, d.h. aus dem Dienstleistungssektor. Eine Änderung des Bebauungsplanes will die Stadt nicht genehmigen. Oberbürgermeister Ebling spricht sich für eine ausschließlich gewerbliche Nutzung aus. Die Allgemeine Zeitung zitiert ihn mit den Worten „die Sättigungsgrenze bei den Studentischen Wohnheimen sei bald erreicht“. Zudem erklärte Ebling, es sei wichtig, bereits bestehende Wohnheime, die teilweise vom Land bezuschusst wurden, zu schützen.
Die Mainzer Liberale Hochschulgruppe (LHG) und der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) kritisieren das Verhalten der Stadt. Sie sind der Ansicht, eine Erweiterung des Wohnungsangebots durch ein privat finanziertes Wohnheim könne zur Entspannung der Mietpreise beitragen. „Jede Baumaßnahme, die den Druck etwas lindern kann, sollte von der Stadt daher mit Kusshand aufgegriffen werden“, sagt Ina Weißmann, Fraktionsvorsitzende der RCDS im Studierendenparlament. Beide Gruppen üben zudem Kritik an der Aussage Eblings, man müsse die bestehenden, öffentlich finanzierten Wohnheime vor privater Konkurrenz schützen. „Die Rechnung für diese unverantwortliche Planwirtschaft werden die Studenten zahlen, denen günstige Zimmer versprochen wurden“, sagt Linus Junginger, LHG-Vorsitzender, in einer Pressemitteilung.
Markus Biagioni, Pressesprecher der Stadt Mainz, erklärt die Absage der Stadt an das Bauprojekt damit, dass man in der Stadt vor allem günstigen Wohnraum benötige und die Fläche auf dem Kisselberg dafür nicht geeignet sei. Die Wohnanlage befinde sich mitten im Gewerbegebiet, „das ist teures Gelände“, sagt Biagioni. Entstehen würde ein „dementsprechend teures Wohnheim", das für viele Studierende nicht bezahlbar sei. Dem Bau von neuen Wohnungen stehe man im Allgemeinen positiv gegenüber:„Bezahlbaren studentischen Wohnraum finden wir grundsätzlich klasse.“Das Problem liege darin, dass die Mieten in Mainz - mit durchschnittlich 300 bis 350 Euro warm - zu teuer seien. Die Studierenden benötigten Wohnungen mit einer Miete bis maximal 250 Euro, erklärt Biagioni mit Blick auf die im Bafög vorgesehene Mietpauschale von 224 Euro. Investoren, die günstige Wohnungen bis 250 Euro schaffen wollen, seien „herzlich willkommen.“ Es gebe in Mainz „eine Latte an Grundstücken, die sich hierfür anbieten“, so Biagioni. Was den Wohnungsmarkt in Mainz angeht, gebe es bereits viele Studentenwohnheime in bzw. seien noch einige in Planung. Derzeit sei beispielsweise ein Projekt an der Mombacher Straße geplant, das Platz für 1000 Studierende bieten soll, erzählt Biagioni. Die Stadt wolle die aktuellen Projekte nicht durch die Planung eines weiteren Wohnheims gefährden: „Wir erleben im Moment, dass erste Investoren von Wohnheimprojekten Abstand nehmen.“
Twer und sein Projektverantwortlicher zeigen sich verwundert über die Absage der Stadt. „Wir sind schon sehr, sehr stark irritiert, wie die Stadt Mainz mit so einem Thema umgeht“, sagt Marco Herzmann. Das Verhalten der Stadt sei für sie „schlichtweg nicht nachvollziehbar“. Man sei „überrascht“ von der Argumentation der Stadt, es gebe bereits genug Wohnheime. Im Hinblick auf die Wahl des Grundstücks erklärt Herzmann, sie sähen vor allem den „räumlichen Vorteil“ des Standortes durch die Nähe zu Universität und Fachhochschule. Zudem erfahre das Gelände künftig „eine zusätzliche Aufwertung durch den Bau der Brücke über die Saarstraße.“ Herzmann betont, das Ganze sei allgemein ein schwieriges Thema in Mainz. Er argumentiert – im Gegensatz zur Stadt -, es gebe „ja nicht an allen Ecken die Möglichkeit“, so etwas zu bauen.
Bei vielen Beteiligten trifft auch die Tatsache auf Unverständnis, dass die Änderung des Bebauungsplanes vor vier Jahren, als es um den Bau des 2013 eröffneten Wohnheims Kisselberg ging, möglich war. Dieses befindet sich im gleichen Gebiet, nicht weit entfernt von dem Standort, der für das neue Wohnheim vorgesehen wäre. „Wieso ging es da, wieso geht es hier nicht?“, fragt sich Marco Herzmann. Die damals betroffene Fläche gehörte der Grundstücksverwaltungsgesellschaft (GVG) der Stadt. Der Bau des Studentenwohnheims Kisselberg wurde dann von einem stadtnahen Mainzer Unternehmen realisiert. Friedrich Sartorius, Vorsitzender der Mainzer Jungen Liberalen (JuLis) sagt dazu:
„Es ist nicht hinzunehmen, dass für ein städtisches Unternehmen die Regeln sofort geändert werden, aber private Investoren aktiv gehindert werden, zur Stadtentwicklung und Entspannung bei den Mieten beizutragen.“
Biagioni erklärt hierzu, es handele sich um einen „Kompromiss, den man eingegangen ist“, zu einem Zeitpunkt, als Wohnheime noch dringend benötigt wurden. Zudem liege die Wohnanlage am Rand des Gebietes.
Die Frage, ob eine Einigung aller Beteiligten noch möglich sei, beantwortet Herzmann mit einem Verweis auf die Stadt - diese habe das Vorhaben schließlich abgelehnt. Eine Klage des Investors sei „gut möglich“. Dazu wolle man sich zunächst mit den Vertragspartnern, also den Eigentümern des Grundstücks, austauschen, sagt Herzmann. Eine Klage sei allerdings zeitaufwendig und um überhaupt klagen zu können, müsse erst die Kaufoption Twers, die im September ausläuft, verlängert werden. Andernfalls müsse er das Grundstück kaufen, ohne die Sicherheit, das Wohnheim bauen zu können. Im ersten Fall hätte man ein „Zeitfenster bis zwei Jahre“ für die Klage, erklärt Herzmann. Er weist jedoch darauf hin, dass sich in dieser Zeit auch die Märkte – Wohnungsmarkt, Zinsen, etc. – verändern könnten.
Die LHG hat für die kommenden Wochen zusammen mit den JuLis eine Unterschriftenaktion angekündigt, bei der die Änderung des G 112 Bebauungsplanes gefordert werden soll. Campus Mainz wird berichten.
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