#Ausland | Vancouver – Stadt der vielen Möglichkeiten

23.10.2017
Studium, Internationales...
Gastbeitrag: Sabrina Busch

Gegen Ende ihres Studiums in Mainz ist Sabrina für ihre letzten Seminare auf eigene Faust nach Vancouver gereist. Hier erzählt sie von einem ganz normalen und trotzdem besonderen Tag in der kanadischen Großstadt.

4:00

Ich wache durch das ohrenbetäubende Knattern eines Auspuffs vor meinem Fenster auf. Blick auf die Uhr. Während ich versuche wegzudösen, gibt die Ampel Laut, dass die Straße nun überquert werden kann. Der Bus piept beim Absinken. Noch mehr Knattern. Ein Hoch auf die Großstadt!

Wie ein Vancouver mit Instagramfilter

6:30

Der Wecker meines Freundes klingelt. Ich wache kurz auf, er verabschiedet sich in den Tag und ich gönne mir noch eine Stunde. Manchmal auch zwei.

8:00

Ich bin bereit für den Tag. Moment. Zuerst noch Kaffee kochen. Dann aber. Vor dem Fenster bietet sich mir ein Vancouver mit Instagramfilter. Der Rauch der Waldbrände im Norden British Columbias zieht seit Tagen über die Stadt und färbt alles gelblich. Es riecht auch ein bisschen nach Lagerfeuer.

8:30

Frühstück, Youtube, E-Mails beantworten, Kreuzung verfluchen, all das Grün um mich herum schätzen, obwohl ich in der drittgrößten Stadt Kanadas wohne.

Auf dem Weg zur Uni

9:00

Ab in die Uni. Erst mit dem Bus, das letzte Stück gehe ich zu Fuß. Zur Uni kann ich das mal machen, zurück ist es mir zu steil ("Fun" Fact: Ich bin Rollstuhlfahrerin und aufgrund Vancouvers hügeligem Terrain ist es in eine Richtung ein Segen und in die andere ein Fluch hier zu wohnen).

Ups, nicht aufgepasst und jemanden ein bisschen zu nah überholt. "Sorry!", ruft er mir nach. Die Kanadier machen sich ihrer Reputation wirklich alle Ehre. Immer freundlich, entspannt und apologetic, selbst wenn sie unverschuldet umgefahren werden.

Unialltag in Vancouver

9:30 – 12:20

Ich befinde mich in der ersten Sitzung nach den Semesterferien. Ich starte in den ersten Tag meines zweiten Semesters hier in Vancouver mit einem Kunstgeschichtskurs. Genau genommen sind es Trimester. Es geht von Januar bis Mai, Mai bis September, September bis Dezember.

Im Sommer darf man aussetzen. Das habe ich mir für 2018 definitiv vorgenommen, denn da gilt es so viel zu erkunden wie möglich. Bis dahin muss ich noch zwei Kurse belegen.

Die meisten Vollzeitstudenten nehmen kaum mehr als 4 Kurse pro Semester, da die Dauer der 3-credit Veranstaltungen über die in Mainz hinaussteigt.

Meine bisherige Unierfahrung ist positiv. Die Dozenten lassen sich hin und wieder auf sehr subjektive Diskussionen ein, die ich aus meinem Geisteswissenschaftsstudium in Mainz nicht kenne. Da werden auch mal 15-minütige Erzählungen über die Reise eines Studenten nach Israel und dessen Eindrücke zugelassen, die absolut nichts zur Vorlesung beitragen, aber einen Austausch zwischen Studierenden und Dozierenden ermöglichen, den ich so noch nicht erlebt habe.

Eine Vorlesung füllt mindestens 3 Stunden in der Woche, manchmal auch zwei mal zwei Stunden. Dadurch, dass hier viele Abgaben und Tests im Laufe des Semesters stattfinden, hat man grundsätzlich immer etwas fertigzustellen oder muss für irgendetwas in absehbarer Zukunft lernen. Das bedeutet aber auch, dass man sehr viel schneller Lerngruppen mit seinen Kommilitoninnen und Kommilitonen formt und sich während des Semesters regelmäßig in der Bibliothek trifft.

Meine Sitznachbarin Anastasia kommt aus Russland. Ich finde heraus, dass sie so weit im Osten Russlands wohnt, dass sie über Japan geflogen ist und schneller in Vancouver ist als in Moskau. Ich erinnere mich wieder an mein naives Vorhaben, irgendwann Russisch lernen und Russland bereisen zu wollen. Aber jetzt erstmal Kanada.

Einführende Worte über prähistorische Kunstformen (Woman of Willendorf, Stonehenge und die Höhle von Lasceaux) und der erste Unitag ist schon geschafft. Tschüss Anastasia, bis nächste Woche!

Die Berge sind allgegenwärtig

12:30

Ab nach Downtown. Ich bin zum Sushi essen verabredet. Vancouver hat eine große asiatische Gemeinde, 30% der Bevölkerung sind chinesisch, hinzu kommen viele weitere Nationalitäten wie Inder, Japaner, Koreaner. Die Bandbreite an Kultur, Kunst, Sprachen und Essen ist dementsprechend groß und man hat viele Möglichkeiten. Heute also Sushi.

Der Bus bahnt sich seinen Weg durch die Innenstadt. Ich vermisse den Blick auf die Berge. Im Norden normalerweise immer durch die Lücken zwischen den Wolkenkratzern sichtbar, bietet sich mir heute kein Blick auf die North Shore Mountains. Für mich sind die Berge, neben der Nähe zum Wasser, mein Lieblingsfeature in Vancouver. Egal wo man sich gerade in Downtown Vancouver befindet, Grouse Mountain, Mount Seymour und Mount Strachan zeigen mir immer den Norden. 

Wir passieren Vancouvers Eastside. In dieser Gegend der Stadt haben sich seit dem Wirtschaftsboom und den damit einhergehenden Mietpreissteigerungen viele sozial benachteiligte Menschen angesiedelt.

Gut behütet wie ich bin, habe ich diesen Grad an Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit zuvor noch nie gesehen. Hier erkennt man allein beim Vorbeifahren deutliche Spuren von harten Drogen und vielen Jahren auf der Straße in den Gesichtern der Menschen. Einen Block weiter: Hipstercafés und Boutiquen.

 

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