Publizistik-Studie: Facebook-Nutzer bewegen sich nicht in Filterblasen

11.09.2017
Studium, Campus-News
hr

Der Einfluss von Facebook auf die politische Meinungsbildung wird überschätzt. So lautet die zentrale Erkenntnis einer Studie, die das Institut für Publizistik (IfP) der Uni Mainz in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) vorgelegt hat.

Mehr als 30 Millionen Menschen in Deutschland sind auf Facebook aktiv. Unzählige politische Cartoons, Parteiposts und politische Statements von Freunden finden ihren Weg in den Nachrichtenfeed des Sozialen Netzwerks. Je nach Freundeskreis und persönlichen Interessen, erhält jeder Nutzer ganz individuelle Nachrichten: Laufen Facebook-User damit Gefahr, in Filterblasen zu geraten und nur eingeschränkt informiert zu sein? – Nein, diese populäre Befürchtung ist unbegründet. Das meint zumindest das Forscherteam um Kommunikationswissenschaftlerin und Co-Autorin Birgit Stark.

Persönliche Kontaktpflege steht im Mittelpunkt

Im Rahmen der Untersuchung "Ganz meine Meinung? Informationsintermediäre und Meinungsbildung – Eine Mehrmethodenstudie am Beispiel von Facebook" befragten die Wissenschaftler 350 Männer und Frauen im Alter von 14-69 Jahren. Zentrale Erkenntnis, des vom Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz in Kooperation mit der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) durchgeführten Projekts: Im Mittelpunkt der Facebook-Aktivität steht die Pflege persönlicher Kontakte. "Insgesamt wird deutlich, dass politisches Engagement ein vergleichsweise unwichtiges Nutzungsmotiv ist", so das Fazit des Forschungsteams.

Facebook: nur eine von vielen Quellen

Über die wichtigsten Ereignisse des Tages würden sich die Befragten weiterhin nicht nur über Facebook, sondern auch über traditionelle Nachrichtenquellen – online wie offline – sowie über das persönliche Gespräch mit Bekannten auf dem Laufenden halten. "Wenn wir uns nur über Facebook informieren würden, wäre die Gefahr viel größer", erläutert Birgit Stark.

In der Befragung über ihren Medienkonsum hatten nur vier Prozent der Facebook-Nutzer erklärt, ihre politischen Ansichten würden von allen ihren Kontakten geteilt. Gut jeder Dritte gab allerdings an, die “meisten Facebook-Freunde“ hätten eine ähnliche politische Haltung.

Soziale Netzwerke bergen dennoch Gefahren

Das größte Risiko von Netzwerken wie Facebook sehen die Verfasser der Untersuchung darin, dass Nutzer ein falsches Bild der Mehrheitsmeinung erhalten. Falsche Identitäten und Social Bots könnten dazu dienen, "bestimmte Themen durch viele Likes, Shares und Kommentare zu pushen oder verschiedene Gruppen gegeneinander aufzuhetzen".

Der genaue Effekt von Facebook im Wahlkampf lässt sich (wie so oft in der Wissenschaft) erst im Nachhinein beziffern. Nach dem 24. September, wenn für die Parteien mit der Bundestagswahl der Wahlkampf vorüber ist, geht die inhaltliche Auswertung der Publizistikwissenschaftler erst richtig los. 

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