"Mainz meutert": Studierende demonstrieren für bessere Bildung

21.06.2017
Studium, Campus-News
hr

Am Mittwochnachmittag demonstrierten knapp 100 Studierende in Mainz gegen Einsparungen und Ungerechtigkeiten im Bildungssystem. Zu dem Protest hatte das Aktionsbündnis “Mainz meutert“ aufgerufen.

"Weil man uns die Bildung klaut"

Um 14 Uhr versammeln sich die Studis am Hauptbahnhof und setzen sich dann in Richtung Große Bleiche in Bewegung. Der Verkehr auf der befahrenen Kaiserstraße gerät ins Stocken. Aus dem Megafon-Verstärker dröhnt: "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut." Es folgen weitere Schlachtrufe, die allesamt ein Ziel verfolgen: Den Frust der Studierenden über die derzeitige Situation an (Hoch-)schulen im Allgemeinen und der Uni Mainz im Speziellen Gehör zu verschaffen.

Deutschlandweite Protestbewegung mit Ableger in Mainz

Organisiert wurde der Protestmarsch von den Mainzer Studis Nina Brasen, Manuel Schabel und Bernadette Lange. Ihr Ziel sei es, eine langfristige Bildungsdebatte ins Rollen zu bringen. Aus diesem Grund bildeten die drei den Arbeitskreis "Bildungsprotest" des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Die Demonstration war Teil des deutschlandweiten Aktionsbündnisses "Lernfabriken meutern", parallel zum Protestzug in Mainz fanden im Bundesgebiet zahlreiche andere Kundgebungen des Bündnisses statt, unter anderem in Frankfurt und Leipzig.

Für mehr studentische Mitsprache

Die ersten Kritikpunkte äußert Manuel Schabel, Mitinitiator der Kundgebung und Sprecher des Referats Hochschulpolitik des AStA, vor dem Marsch durch die Mainzer Innenstadt über das Megafon. "Wir Studierenden sind diejenigen, die beim Lernstoff und Studienbedingungen oft nicht mitreden dürfen. Am Ende aber baden wir die Fehler aus." Besonders kleine Fachbereiche mit geringen Studierendenzahlen bekämen Bildungseinsparungen unmittelbar zu spüren, führt Schabel weiter aus.

Kleine Studienfächer – große Sorgenfalten

Über die Konsequenzen der finanziellen Kürzungen könnte Uma Nimkar ganze Aufsätze verfassen. Als Studentin der Indologie zählt ihr Fach zu den kleinen Studienfächern. Knapp 50 Studierende der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) haben Indologie im Beifach belegt. Ausfälle von Pflichtseminaren seien in ihrem Fachbereich zum Regelfall geworden, weil Dozentenverträge nicht verlängert wurden, so Uma. Den Verantwortlichen ihres Faches will sie dabei nicht als Schuldige für die aktuelle Situation ausmachen. Im Gegenteil: "Mehrer Kurse in der Indologie übernimmt ein Dozent ohne dafür bezahlt zu werden, andere Seminare wurden ersatzlos gestrichen. Dieses überragende Engagement eines Dozenten wird aber nicht entsprechend gewürdigt."

Die Folgen der gegenwärtigen Bildungspolitik hält Uma Nimkar für fatal. "Wenn ganze Seminare ausfallen, bleiben wir Studierende hinter der Regelstudienzeit zurück, Bafög-Gelder sind in der Schwebe, Auslandssemester für einige meiner Kommilitonen nicht mehr zu finanzieren." Um auf das Problem aufmerksam zu machen, startete der Fachschaftsrat Indolgie eine Online-Petition zur Erhaltung der Dozentenstelle. Der Erfolg für das Bemühen blieb bislang aus. Es fallen weiter Pflichtseminare aus.  

Protest in Hörweite zu den politischen Entscheidern

Weitere Kritikpunkte lassen sich auf den selbstgestalteten Protestplakaten ablesen. Rund ein Dutzend weißer Bettlaken begleiten die Demonstration: "Gemeinsames Lernen statt Konkurrenz und Notenwahn" und "Anwesenheitspflicht? – Nein Danke!" sind nur zwei der zahlreichen Forderungen auf den Transparenten.

Vom Startpunkt Hauptbahnhof über die Schleife Kaiserstraße findet der Protestmarsch vor dem Museum für Landeskunde in der Großen Bleiche sein Ziel. Hier sind übergangsweise die Abgeordneten des Landtags untergebracht. Der gut ein Kilometer lange Fußweg endet damit genau dort, wo ein Großteil der Teilnehmer die Verantwortlichkeit für die von ihnen angeprangerten Bildungsmissstände sieht: Bei den politischen Verantwortungsträgern.

Wissenschaftsminister Wolf geht auf die Demonstranten zu

Der Demonstrationszug ist bereits im Begriff sich aufzulösen, als der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Konrad Wolf den Abschlussort der Kundgebung aufsucht. Er stellt sich den Fragen und sucht das Gespräch mit den Studierenden. Wie es überhaupt erst zu so einem massiven Mangel an Lehrpersonal kommen konnte, wird Wolf von Organisatorin Bernadette gefragt. 

Der Wissenschaftsminister erklärt, dass man das Thema durchaus im Fokus habe und führt ins Feld, 300 Stellen im Bildungsbereich über eine Sonderfinanzierung geschaffen zu haben. Knapp 30 Minuten tauscht sich der Minister mit den Demonstranten aus, hört zu, nimmt einzelne Kritikpunkte an, wehrt sich gegen den Vorwurf, untätig zu sein und dem Bildungschaos bloß zuzuschauen. "Bildungspolitik ist zum ganz großen Teil Bund-Länder Vereinbarung", sagt Wolf und sieht somit zahlreiche Punkte außerhalb seines Einflussbereichs.

Mainz meutert mehrmals?

Mit dem Versprechen, in Kontakt zu bleiben, verabschiedet sich der Wissenschaftsminister. Bildung ist jedoch ein Thema, das sich nur schwer in einer halben Stunde besprechen lässt. Das macht die Kundgebung deutlich. "Es wird weiter gemeutert werden in Mainz", erklärt deshalb Bernadette Lange. Wie und wo, darüber will das Bündnis auf seiner Facebook-Seite informieren

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